Catasetinae
Meine Leidenschaft zu den Catasetinae entdeckte ich am Weihnachtstag 2004. Das Weihnachtsgeschenk an meine Frau war ein Cycnoches chlorochilon:
Meine Frau mit einer blühenden Cycnoches chlorochilon (männliche Blüte)
Die Begeisterung für diese Pflanze teilte ich sofort mit meiner Frau und die wundervolle Pflanze zog mich mit ihren stark duftenden Blüten voll in ihren Bann. Seitdem hat mich die Leidenschaft zu den Catasetinae gepackt und ich kultiviere zur Zeit etwa 100 Pflanzen. Es steht zu befürchten, daß dies noch nicht das Ende sein dürfte!
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Catasetum vinaceum (männliche Blüte)
Zu den Catasetinae zählt man die Gattungen Catasetum, Cycnoches, Mormodes und Clowesia. Am Einfachsten zu kultivieren sind dabei die Cataseten selber, wobei sehr auf ihre Herkunft zu achten ist.
Cycnoches gehören mit zu den empfindlichsten Pflanzen: sobald die Blätter anfangen, gelb zu werden, müssen sie sofort trocken gehalten und in die Ruhezeit geschickt werden. Dabei entfernt man vorher noch den Vorjahrestrieb, da dieser während der Ruhephase in der Regel sonst seine Kraft verliert und eingeht. Auch in der Natur findet man Cycnoches selten mit mehreren Bulben vor. So aber kann man die Pflanze sehr gut vermehren. Wenn der Neutrieb im Frühjahr dann erscheint, darf erst wieder gegossen werden, wenn er ca 3 cm gewachsen ist und gute Wurzelansätze gebildet hat. Hält man sich nicht daran, so führt dies unweigerlich und unwiederbringlich zum Abfaulen des Neutriebs und sogar der Bulbe. Wenn alle Kulturbedingungen (s.u.) gut eingehalten und befolgt werden, dann ist bei Cycnoches der Blüherfolg garantiert, was man nicht unbedingt von den anderen Gattungen vor allem Mormodes sagen kann. Man kann Cycnoches alles nachsagen, aber blühfaul sind sie nicht!
Der neue Trieb erscheint: jetzt darf noch nicht gegossen werden
Wurzelbildung erfolgt: Beginn des Gießens mit Kalksalpeter (200µS/cm)
Unter den Mormodes gibt es richtig zickige Arten. Wenn man diese aber mit Liebesentzug bestraft, dann wollen auch diese nicht länger iher wundervollen häufig kräftig eingefärbte Blüten zurückhalten.
Mormodes sinuata var. flava
Der Bestäubungsmechanismus
Was aber macht die Catasetinae so einzigartig, dass man ins Staunen geraten muss? Catasetinae tragen männliche, weibliche und sogar Zwitterblüten, die zudem noch völlig verschieden bei ein und derselben Art sein können. Dies kommt in der Natur nicht häufig vor. Aber der Bestäubungsmechanismus ist einzigartig und sucht in der Natur ihresgleichen. Dabei muss man Mitleid mit den armen Prachtbienen (Euglossa) als Bestäuber empfinden, die von den Catasetinae durch den Duft der Blüte angelockt werden und dann geschockt werden, sodaß man darüber nur verwundert den Kopf schütteln kann.
männliche (vorne links) und weibliche (hinten rechts) Blüte an getrennten Rispen bei Ctm. tenebrosum
Jede Catasetumart entfaltet ihren eigenen charakteristischen Duft (es gibt auch Cataseten, die nicht duften!). Die jeweilige Prachtbieneart wird von dem spezifischen Duft der Catasetumart angelockt (also jedem Catasetum seine eigene Prachtbienenart, allerdings ist dies nicht immer der Fall!) Bei Befall der Blüte smmelt die Biene in kleinen Säckchen die Duftstoffe auf, dabei kommt sie jedoch unweigerlich in Berührung mit den Antennen der Blüte. In diesem Augenblick wird der Pollen in einem Rückwärtssalto mit relativ hoher Geschwindigkeit herausgeschleudert. So landet die Klebscheibe des Polliniums auf dem Rücken der Biene und heftet sich dort fest. Die Biene registriert dies durch einen für Ihre Verhältnisse recht heftigen Schlag ins Kreuz. Verwirrt fliegt sie sofort davon. Dabei schwört sie sich, nie wieder eine solche Blüte anzufliegen. Auf dem Weg nimmt sie einen ähnlichen Geruch aber einer völlig andersartigen höhlenartigen Blüte (der weiblichen in diesem Falle) wahr und fliegt diese an. Nach dem Betreten der höhlenartige Eingang der Blüte beginnt sie wieder, Duftstoffe aufzunehmen und durch die Kehrtwendung bei Verlassen der Blüte streift sie den auf ihr haftenden Pollen ab. Damit ist die Blüte befruchtet und die Art kann sich fortpflanzen. Männliche und weibliche Blüten können dabei sehr weit auseinanderliegen (bis zu 30 km und mehr) und dennoch kann es zur Befruchtung kommen. Die dabei in ca einem Jahr reife Samenkapsel trägt über 1 Mio Samen in sich und beim Aubrechen kann der Wind diese über einen große Entfernung tragen. Findet ein Samen eine geeignete Stelle und die geeigneten Bedingungen kommt es zur Keimung und zum Wachstum. Die Chancen hierfür stehen jedoch 1: 100 000 - 1Mio, sodaß aus dem so vielen keimfähigen Samen nur wenn überhaupt wenige neue Pflanzen gebildet werden! Der Grund hierfür liegt darin, daß Orchideensamen im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen nur durch Mykorrhiza also in Symbiose mit einem Pilz, der dem Embryo die notwendigen Stoffe zur Entwicklung liefert, wachsen kann. Dieser muß also am Ort der Keimung vorhanden sein! Denkbar wäre jedoch auch, daß der Embryo am Ort der Keimung Zucker durch bspw Guttation der Palme vorfindet und so zum Wachstum angeregt wird. Auch dies ist ein relativ seltener Fall in der Natur.
Männliche Blüte mit deutlich sichtbaren Pollen rechts mit Klebescheibe von Ctsm.macrocarpum
weibliche Blüte von Catasetum macrocarpum mit fehlendem Pollinium und typischer höhlenartiger Struktur
Catasetum-Samenkapsel am Naturstandort (Rondonia/Brasilien)
Männliche Blüten entstehen bei geringerer Lichtintensität als weibliche. Man kann also weibliche Blüten an einer Rispe erzeugen, indem man sie hoher Sonneneinstrahlung aussetzt und männliche, indem man diese abdunkelt. Dabei entstehen auch häufig zwitterartige Blüten als Übergang. Weibliche Blüten ähneln sich bei den Cataseten untereinander (Höhlenstruktur), während die männlichen Blüten alle verschieden und auch deutlich attraktiver sind!
Weibliche (links) und männliche Blüte von Ctsm osculatum am Naturstandort an der gleichen Palme
KULTURHINWEISE FÜR ALLE CATASETINAE:
Während der Wachstumszeit wird zunächst mit etwa 200µS/cm Kalksalpeter gedüngt. So wird die Wurzelbildung angeregt . Sind die Wurzeln gut ausgebildet, wird kräftig (> 1000 µS/cm) stickstoffbetont gedüngt (30-10-10), um so das Wachstum zu fördern und die Bulben sich kräftig entwickeln zu lassen. Bei intensiver Düngung können diese bei einigen Arten bis zu 30 cm und mehr wachsen und derart kräftige Pflanzen entwickeln so mehrere Blütenrispen mit vielen Blüten. Die Aufnahme von Stickstoff als Nitrat gelingt jedoch nur, wenn die Pflanze genügend Molybdän besitzt, da sie nur so das für die Umwandlung von Nitrat wichtige Enzym N-Reduktase in den Wurzelzellen bilden kann. Fehlt dieses, geht eine Nitratdüngung ins Leere. Als Stickstoffquelle sollte Harnstoff bzw. Carbamidstickstoff unbedingt vermieden werden. Es führt zu einer straken Alkalisierung des Substrates und ist vor allem unkontrollierbar. Versalzungen des Substrates sind in der Regel immer eine Folge von Dünger, die Harnstoff entahlten! Harnstoff sollte in der Orchideenkultur daher auf keinen Fall verwendet werden!
Vor Abschluß des Wachstums muß mit einem phosphorbetonten Dünger (bis 1000 µS/cm)nachgeholfen werden (etwa 10-20-15), um so das Blühen zu unterstützen. Phosphor benötigt die Pflanze vor allem zur Bildung von Adenosindi - und triphosphat, aus dem die Pflanze die Energie für eine Vielzahl von Reaktionen so auch zum Blühen schöpft!
Zwischendurch ist immer wieder mal mit Kalksalpeter etwa nach jedem dritten Gießen zu düngen, damit die inneren Pflanzen-Zellwände gekräftigt, das Immunsystem gegen eindringende Bakterien gestärkt wird und die Pflanze sich von den Stoffwechselendprodukten (Oxalsäure) entschlacken kann. Calciummangel führt daher zu großen Schäden und zum Verlust der Pflanze. Es ist in den handelsüblichen Düngern nicht enthalten. Es muß daher der Pflanze entweder durch Aufkalken verabreicht werden mit den Nachteilen der schwer kontrollierbaren Reaktion des Substrates verbunden mit einer starken Alkalisierung, die zum Tod der Pflanze führen kann. Besser, einfacher, sicherer und schneller geht es mit Kalksalpeter. Auch sollte etwa alle 2 Monate Magnesiumsulfat zugesetzt werden. Auch das Fehlen von Magnesium führt zu starken Wachstumsstörungen (mangelnde Chlorophyllbildung). Dies gilt auch bei Eisenmangel ersichtlich durch gelbe Verfärbung der Blätter den sogenannten Chlorosen. Eisen muß als Chelat in Form von Sequestren zugesetzt werden, in anderer Chelatform bzw. als Salz ist es kaum wirksam infolge rascher Oxidation.
Als Substrat sollte man Pinienrinde mittlerer Körnung gemischt mit Sphagnum verwenden. Die Pinienrinde sollte frisch sein (beim Aufbrechen rot) und gedämpft worden sein, damit Bakterien und Pilze abgetötet sind. Wichtig ist, daß sie auch aufgedüngt ist /etwa 1g/l Substrat, damit die Düngung nicht am Anfang nur vom Substrat absorbiert wird und der Pflanze nicht zur Verfügung stehen kann. Das würde zu Beginn des Wachstums sonst zu starken Störungen führen, die schwer zu reparieren sind. Die Neutriebe finden so im Kapillarwasser des Substrates nicht genügend Nahrung und können sich folglich nicht entwickeln. Leitfähigkeitsmessungen mit einer Sonde im Kapillarwasser des Substrat möglich sollten einen Wert von mindestens 250 µS/cm zeigen, was in der Regel bei sehr aufnahmefähigem Substrat zu Anfang nur schlecht erreicht wird, wenn das Substrat nicht vorgedüngt wurde!
Catasetinae sind lichthungrige Pflanzen - in der Natur findet man sie meistens exponiert an Palmen in voller Sonne. So können sie sich offensichtlich am Besten entwickeln. Man sollte ihnen also einen Platz an der Sonne im Gewächshaus einräumen. Die Luftfeuchtigkeit sollte während des Wachstums um die 70 % und mehr betragen, während der Ruhezeit jedoch sollte dies nicht höher als 50% sein, ansonsten besteht die Gefahr des Weichwerdens und Faulen der Bulben. Für gute Lüftung ist ebenfalls zu sorgen, da so das zum Wachstum notwendige Kohlendioxid für die Photosynthese bereitgestellt werden kann.
Noch ein Wort zum Gießwasser: wenn sie Regenwasser verwenden sollten, was sehr zu empfehlen ist, achten sie darauf, daß keine Keime im Wasser sind. Trinkwasser sollte eine Keimbelastung von nicht mehr als 100 KB haben, für Regenwasser gilt dasgleiche Ansonsten gehen besonders die sehr für Bakterien anfällige Gattungen wie Mormodes, aber auch vor allem Clowesia rasch unter Fäulnis ein. Regenwasser sollte zur Entkeimung mit UV Licht behandelt und auf peinliche Hygiene der Fässer und Leitungen geachtet werden!
Der Feind der weichblättrigen Catasetinae sind vor allem Spinnmilben. Diese gilt es rechtzeitig oder besser noch vorbeugend zu bekämpfen. Dazu benutze ich ein gärtnerisches Öl (modifiziertes Sojaöl), indem ich die Blätter kräftig von oben und unten einsprühe. Dies wiederhole ich dann wöchentlich. Dabei darf das Öl nicht zu hoch konzentriert (< 3ml/l Gießwasser) sein, um Blattschäden zu vermeiden´(Vergilben der Blätter) und auch die Blätter dürfen nicht dauerhaft "verklebt" werden, da sonst keine Photosynthese mehr möglich ist. Ist der Befall dann doch stärker, helfen Insektizide wie vor allem Envidor,(leider nur für Fachleute zugelassen) welches systemisch zuverlässig, sehr lange und dauerhaft wirkt. Auch der übliche Einsatz von Akariziden wie Vertimec ist möglich. Allerdings reagieren gerade Mormodes sehr empfindlich auf diese Mittel und die Dosierung muß entsprechend angepaßt werden. Sie darf in jedem Fall die Hälfte der angegebenen Menge nicht überschreiten.
Ab und an findet man auch Woll- und Schildläuse an Cataseten. Diese können ebenfalls mit dem gärtnerischen Öl bekämpft werden oder aber bei stärkerem Befall mit einem Insektizid wie Confidor oder Movento (allerdings in D nicht zugelassen!)
Ich kultiviere im übrigen neben den Catasetinae auch noch Stanhopeen, Dendrobien, Coelogyne, Bulbophyllen u.a. Gattungen.
Ein Beitrag von Wolfgang (wolfgang@orchidee-donau-iller.de)
Wolfgang in seinem Wintergarten Wolfgang auf Catasetensuche in Rondonia/Brasilien mit Osculatum Blüte
Weitere Bilder von Catasetinae finden Sie unter Galerie
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